11th September 2025
Als ich bin an diesem Morgen auf dem städtischen Campingplatz aufwachte, war ich vom Licht überwältigt.

An diesem Morgen des 12. September 2025 lag noch eine tiefe Stille über dem Tal, und die verkohlten Skelette der Bäume aus vergangenen Waldbränden standen dunkel und silbrig im frühen Licht. Ich startete am Ufer des Waterton Lake. Das Wasser lag spiegelglatt da, grau unter den Wolken, und reflektierte die fernen Berge, die langsam im Licht erwachten.
Am Ufer und Unterer Bertha-Wasserfall
Der Weg verlief zunächst sanft am See entlang. Auf der anderen Seite des Wassers, östlich von mir, erhob sich Vimy Peak (≈ 2.385 m) steil und scharf aus dem Ufer, die Gipfellinie wie gezackt, mit bewaldeten Flanken und helleren, felsigen Ausbrüchen. Die Farben wechselten zwischen kühlem Grau, tiefem Grün und den hellen, fast kreidigen Gesteinsflächen. Von dort zieht sich Vimy Ridge nach Süden weiter,

und dahinter liegt Mount Boswell, sanfter, bewaldet bis weit hinauf, seine Form runder, weniger schroff. Ganz in der Ferne zeichnete sich die weite Prärie ab – ein fast flaches Gegenstück zu den schroffen Linien der Rockies.

Der Pfad führte mich durch verbrannte Wälder. Doch kurz darauf öffnete sich der Wald zu frischem Grün, neue Fichten und Tannen sprossen, Beerenbüsche bedeckten den Boden, und ich erreichte die Stelle, wo der Weg vom Great Divide Trail abzweigt und dem Bertha Creek folgt.
Aufstieg zu den Wasserfällen
Beim Unteren Bertha-Wasserfall wurde das Rauschen stärker, Wasser stürzte in weißen Kaskaden herab, und zwischen den Bäumen schimmerten die Felswände über mir. Sie waren geschichtet, graue und beige Sedimentlagen, hier und da rostrote Spuren von Mineralien, im Schatten fast schwarz, im Sonnenlicht golden aufleuchtend.

Hinter dem Wasserfall wurde der Anstieg steiler. In engen Serpentinen gewann ich Höhe. Mit jeder Kehre öffnete sich der Blick zurück: der See lag tief unter mir, spiegelnd, und auf der Ostseite zeichneten sich Vimy Peak und seine Nachbarn immer klarer ab.

Die Oberen Bertha-Fälle bekam ich nur teilweise zu sehen – immer verdeckten Bäume die volle Sicht. Doch ich hörte das Donnern und sah den weißen Sprühnebel zwischen dunklen Felswänden.

Bertha Lake und die Bergarena
Dann öffnete sich der Wald, und plötzlich lag Bertha Lake still vor mir. Ein kühles, grünblaues Juwel, eingefasst von einem Kranz mächtiger Berge: dem Bertha Peak (≈ 2,454 m), dem Mount Alderson (≈ 2,692 m) auf der einen Seite und Mount Richards (≈ 2,377 m) gegenüber.
Bertha Peak: Seine Flanken sind steil, steil vom Bertha Lake ansteigend, felsige Grate mit einer Mischung aus dunkelgrauen Sedimentschichten und helleren Felsvorsprüngen.

Von meinem Platz aus schien der Alderson Peak sein Nachbar zu sein, manchmal verwechselte ich Gipfel: Alderson war die höhere, breitere Masse, eine gewichtige Präsenz westlich des Bertha Peak – seine oberen Hänge waren stärker erodiert, in einigen Aspekten sanfter, mit Geröllfeldern, einem Flickenteppich grüner Wiesen im Spätsommer und Schneeflecken in schattigen Schluchten.

Mount Richards: die massive Felswand, die eine Seite des Talkessels bildet und deren Wand stellenweise fast senkrecht ist, insbesondere am südlichen Ende des Sees. Von meiner Position am Ufer aus waren die Klippen von Richards imposant: zerklüftete, geriffelte Felsbänder, dunkel im Schatten, golden leuchtend, wenn die Sonne sie einfing. Der Gipfel ist schmal, die Gratlinie ist scharf umrissen.

Das Wasser des Sees war still, türkisfarben im Sonnenlicht, tieferes Smaragdgrün in der Mitte, hell und durchsichtig am Ufer, wo helle Geröllsteine unter der Oberfläche glänzten. Die Stille dort war fast vollkommen.
Abstieg und Blick zurück
Mit leichteren Schritten bergab, begeistert von der Aussicht, wie schön der Bertha Peak ist. Vom See aus sah es so aus, als gäbe es drei Felsenschiffe, die nur jeweils tiefer in den Gipfel hinein parallel fuhren. Aber je weiter ich nach unten gehe, desto mehr sehe ich, dass es nur ein einziger Berg ist – Albertha Peak – mit vielen Falten.
Gegenüber, auf der anderen Seite des Waterton Lake, ragte weiterhin Vimy Peak hervor, seine Linien jetzt schärfer gezeichnet. Das ganze Vimy Ridge zog sich südlich weiter, eine Abfolge von bewaldeten Schultern und felsigen Kämmen, blau-grau im Schatten, warmgrau und ockerfarben im Licht.

Auch Mount Crandell kam ins Blickfeld, breiter, zum Teil von Bränden gezeichnet, seine Hänge sanfter als die schroffen Wände von Richards.

Als ich am Ufer des Waterton Lake zurückschaute, wanderte mein Blick über das Wasser hinaus, vorbei an Mount Boswell, der mit seinen bewaldeten, sanft gerundeten Hängen die östliche Seite des Sees markierte. Rechts daneben, ganz hinten am Südufer, wo der See in die Vereinigten Staaten übergeht, lag Goat Haunt.
Dort öffnet sich das Tal wie ein grünes Tor. Hinter den letzten Wellen des Wassers erscheinen dunkle, waldreiche Hänge, und darüber ragen wieder Berge empor: die gewaltigen Felswände des Citadel Peaks, die wie eine Burg über dem Tal thronen, und weiter östlich die schmaleren, gezackten Grate, die die Grenze zu Montana bilden. Goat Haunt selbst wirkt von Kanada aus fast klein und unscheinbar – nur eine winzige, helle Stelle am Ufer, wo einst die Rangerstation stand und Boote aus Waterton anlegten. Doch eingebettet in die Kulisse aus hohen Felsen und dichtem Wald vermittelt es den Eindruck einer abgelegenen Wildnis, die von der Zivilisation fast unberührt geblieben ist.

Das Licht am späten Nachmittag legte einen sanften Schimmer über diesen entlegenen Ort. Der See wirkte dort unten noch stiller, eingerahmt von dunklem Wald. Für mich war Goat Haunt in der Ferne wie ein Versprechen – ein Hinweis darauf, dass der Weg am Wasser noch viel weiterführt, tief hinein in die zerklüfteten Täler des Glacier National Park auf der US-Seite.
Stimmung und Farben
Ich erinnere mich besonders an den Wechsel der Farben. Unten: weiße tote Stämme. Dann das tiefe Grün der jungen Wälder, weiter oben das helle Grau der Felsen, in der Sonne fast golden. Der See selbst: türkis und smaragdgrün, von Wind gekräuselt oder spiegelglatt. Über allem lag eine Stille, die nur von Wasserrauschen und Wind in den Bäumen durchbrochen wurde.

Gegen die Wände von Richards und Alderson war ich klein, fast verschluckt von der Größe der Berge. Doch genau das machte den Zauber dieses Tages aus: die Mischung aus Stille, Licht, Wasser und Fels, die den Weg zu Bertha Lake zu einem Erlebnis voller Bilder und Eindrücke machte.
