20. Oktober 2025
Die Sonne begrüßte mich am Morgen mit einem strahlend blauen Himmel über der Wüste von Utah. Die Luft war kühl, noch vom Nachtfrost berührt, aber sie versprach bereits Wärme für den kommenden Tag. Ich bereitete mir Frühstück und Kaffee zu, der Duft stieg in der stillen Luft auf, und dann machte ich mich auf den Weg vom Upper Dry Creek bis zum Ende der Hole-in-the-Rock Road – jener legendären Route, die vor fast eineinhalb Jahrhunderten von entschlossenen Siedlern durch den Sandstein geschlagen wurde.
Die Landschaft entfaltete sich bald in all ihrer rauen Schönheit. Die Berge um mich herum waren keine sanften, bewaldeten Höhen, sondern mächtige, nackte Felsformationen – geformt durch Wind, Wasser und Zeit. Ihre Oberflächen leuchteten in Rot-, Orange- und Goldtönen, während das Morgenlicht weiche Schatten über ihre Kanten legte. Manche Klippen ragten auf wie gewaltige Kathedralwände, andere bildeten sanfte Kuppen und zerbrochene Grate – alle in einer fast künstlerischen Präzision, geformt von der geduldigen Hand der Natur.
Mehrmals hielt ich an, um Fotos zu machen. Jede Biegung der Straße eröffnete neue, atemberaubende Ausblicke – Schichten aus Gestein, die uralte Geschichten zu erzählen schienen, verdrehte Formen, als wären sie in einer Bewegung erstarrt, und weite Ebenen, die sich bis zum Horizont verloren. Alles war still – nur der Wind flüsterte durch das trockene Buschwerk.
Beim Lower Dry Creek hielt ich am berühmten Dance Hall Rock. Dieser Ort ist nicht nur wunderschön, sondern auch geschichtsträchtig. Die Siedler der Hole-in-the-Rock-Expedition kamen hier einst zusammen, um zu musizieren und zu tanzen. Ich konnte mir förmlich vorstellen, wie der Klang der Geigen durch die natürliche Felsenhalle hallte, begleitet vom Lachen und den Schritten der Menschen, die unter dem Sandsteingewölbe feierten. Der Felsen selbst bildet ein natürliches Amphitheater – glatt, schützend und klangvoll. Seine rötlichen Kurven fangen das Licht wie eine Skulptur, und ich empfand tiefe Bewunderung für jene, die einst mit Mut und Glauben dieses unwirtliche Land durchquerten. Ich ging hinauf, legte die Hand auf den kühlen Stein und ehrte still die Pioniere, die hier Freude fanden – mitten in der Härte des Lebens.
Einige Meilen weiter sah ich Autos am Straßenrand stehen und hielt erneut an. Ein Mann stand mit seiner Familie dort – drei Kinder spielten im Sand. Ich fragte ihn, was es hier zu sehen gebe. Er erklärte mir freundlich die Wanderwege und empfahl mir schließlich einen anderen, einige Meilen weiter. Ich folgte seinem Rat und bog auf die Fortymile Spring Road ab.
Zunächst sah die Strecke gut aus, doch bald begann sie steil abzufallen. Der Weg wurde uneben, voller Steine und tiefer Rillen. Ich zögerte, doch meine Neugier siegte, und ich fuhr ein Stück weiter. Nach kurzer Zeit parkte ich lieber und ging zu Fuß weiter. Nach etwa dreihundert Metern sah ich ein Wohnmobil, das gefährlich zur Seite geneigt war – zwei Räder hingen frei in der Luft. Niemand war zu sehen. Mir lief ein Schauer über den Rücken – der Weg war schlimmer, als ich gedacht hatte. Ich war unendlich froh, nicht weitergefahren zu sein. Mit meinem Wagen hätte ich nie mehr zurück nach oben gefunden. Es war Zeit, umzukehren.

Ich setzte die Fahrt Richtung Hole-in-the-Rock fort, doch auch hier wurde die Straße schlechter. Der Untergrund vibrierte und zerfiel unter den Reifen, und nach den Erlebnissen des Vortages entschied ich: genug Abenteuer für heute. Manchmal liegt die wahre Klugheit im Umkehren.
Auf dem Rückweg hielt ich wieder beim Lower Dry Fork und wanderte zum Peek-a-Boo Slot Canyon. Schon der Weg dorthin bot großartige Ausblicke – weite Wüstenebenen, die sich zu Canyons öffneten, ferne Klippen in zartem Rosa und Ocker, glattgeschliffen vom Wind der Jahrtausende. Die Formen waren wild und eigenwillig, verdreht zu Wellen und Bögen, wie in Bewegung versteinert.
Unterwegs traf ich eine Familie aus Seattle. Zuerst sprach ich mit der Frau, die etwas langsamer ging als der Rest. Sie lachte, als sie mir erzählte, wie furchtbar der Weg hierher gewesen sei. Wenig später sprach ich mit ihrem Mann, und bald stellten wir fest, dass sie genau dieselbe Strecke gefahren waren wie ich – allerdings mit einem großen Geländewagen und Allradantrieb. Als ich erwähnte, dass ich mit einem Toyota RAV4 unterwegs war, sah er mich ungläubig an und lachte: „Mit dem Auto? Das ist ja verrückt!“
Nach der Anspannung des Morgens tat es gut, gemeinsam zu lachen. Noch dankbarer war ich, als er mir half, den ersten und schwierigsten Abschnitt des Peek-a-Boo-Trails zu überwinden. Der Sandstein ist dort glatt und steil, und ohne Hilfe ist der Einstieg kaum zu schaffen. Drinnen im Canyon umgab mich sofort eine geheimnisvolle Stille – die Felswände schraubten sich hoch, geschwungen wie steinerne Bänder, leuchtend in Rosé und Bernstein. Von oben fiel Licht in schmalen Strahlen herab und malte sanfte, sich verändernde Farben auf den Stein.
In dieser stillen Welt aus Fels und Licht dachte ich an die Pioniere, die einst dieses wilde Land durchquerten. Ihre Ausdauer, ihr Mut und ihr Glaube scheinen noch immer in der Luft zu liegen – getragen vom Wind, der durch diese zeitlosen Canyons zieht.
Vom Parkplatz am Peek-a-Boo fuhr ich die staubige Straße zurück in Richtung Devils Garden. Die Sonne stand nun hoch am Himmel, die Luft flimmerte über der hellen Wüste, und selbst bei offenen Fenstern spürte ich die Hitze wie einen schweren Druck. Als ich den Garden erreichte, parkte ich zwischen ein paar verstreuten Wacholderbüschen und bereitete mir auf meinem kleinen Kocher das Mittagessen zu. Dort zu kochen, mitten in dieser stillen, sonnenverbrannten Wildnis, fühlte sich fast unwirklich an – die roten Felsen und cremefarbenen Sandsteinkuppeln leuchteten ringsum wie die Wände eines uralten, vom Wind gemeißelten Tempels.
Das Devils Garden Outstanding Natural Area ist eine verborgene Welt, nur wenige Meter von der Hole-in-the-Rock Road entfernt. Von Weitem wirkt es wie ein gewöhnliches Stück Wüste, doch sobald man hineingeht, findet man sich in einer fantastischen Landschaft aus geformtem Navajo-Sandstein wieder. Zarte Hoodoos – schlanke Säulen mit fragilen Kappen – standen wie Wächter da, in sanften Tönen von Rosa, Aprikose und verbranntem Orange. Glatte Kuppeln glänzten in der Nachmittagssonne, ihre Rundungen durch Jahrtausende von Wind und Regen geformt. Enge Gänge schlängelten sich zwischen den Felsen hindurch und öffneten sich plötzlich zu kleinen Lichtungen, in denen zierliche Bögen den blauen Himmel rahmten. Ich wanderte langsam durch dieses Labyrinth, berührte den warmen Stein, spürte das feine Korn des uralten Sandes, der einst Teil eines gewaltigen Dünenmeeres war. Die Stille war tief – nur der Wind flüsterte, und hin und wieder klang der Ruf eines Raben durch die Luft. Ich machte unzählige Fotos, um das zarte Spiel von Licht und Schatten festzuhalten, das diese Landschaft in eine lebendige Skulptur verwandelte.
Als ich zum Auto zurückkehrte, begann die Luft etwas abzukühlen, und das lange Nachmittagslicht wurde golden. Ich fuhr weiter nach Norden, in Richtung Highway 12 – jener berühmten Straße, die durch einige der spektakulärsten Landschaften Utahs führt. Ich wollte sie bei Sonnenuntergang erreichen, in dem Licht, das die Felsen von innen heraus leuchten lässt.
Mein erster Halt war der Head of the Rocks Overlook, und der Anblick raubte mir buchstäblich den Atem. Vor mir breitete sich ein endloses Panorama aus wellenförmigen Sandsteinrücken aus, die in allen Schattierungen von Creme bis Tiefrot glühten, während purpurne Schatten die Canyons füllten. Die Escalante-Schluchten zogen sich über den Horizont, ihre Wände gefaltet und verdreht wie erstarrte Wellen eines steinernen Meeres.
Ein Stück weiter hielt ich am Big Horn Canyon Scenic Overview. Die Aussicht war hier noch beeindruckender – der Canyon fiel steil unter mir ab, seine Wände von Schichten aus Karmin und Gold durchzogen. In der Ferne erhoben sich die dunklen, zerklüfteten Silhouetten der Henry Mountains, ein starker Kontrast zur hellen Wüste im Vordergrund. Es war der perfekte Ort, um still dazustehen und sich klein zu fühlen vor so viel zeitloser Schönheit.
Ich fuhr weiter zum Hogback – jenem berühmten schmalen Grat, auf dem der Highway 12 über einen messerscharfen Rücken führt, mit steilen Abhängen zu beiden Seiten. Die Aussicht war atemberaubend, doch das Licht war gnadenlos. Die Sonne stand noch hoch auf der Westseite, blendete grell und ließ die Farben verblassen. Ich wartete etwa eine halbe Stunde, in der Hoffnung, das Licht würde weicher werden, doch es geschah nicht. Auf den Sonnenuntergang zu warten war keine Option – ich wollte noch das Noor Hotel in Torrey erreichen. Also fuhr ich weiter, die Berge leuchteten schwach im Rückspiegel, während das Abendlicht langsam erlosch.
Als ich schließlich um 20:30 Uhr am Noor Hotel in Torrey ankam, war der Himmel bereits tief kobaltblau, und das letzte Licht lag noch auf den fernen Gipfeln des Aquarius-Plateaus. Ich fühlte mich müde, aber glücklich – erfüllt von jener stillen Zufriedenheit, die nur ein langer Tag auf der offenen Straße, umgeben von so gewaltiger und schöner Natur, schenken kann.


































