
Es war kurz nach ein Uhr mittags, als ich Moab verließ – die Straße führte nach Südwesten, dem National Monument entgegen. Mein Ziel war es, den Sonnenuntergang dort zu erleben. Doch die Wüste hatte andere Pläne: Sie zwang mich immer wieder zum Anhalten, mit jeder Kurve, mit jedem neuen Anblick aus Stein und Licht.
Die Luft flimmerte vor Wärme, und die Sonne des späten Oktobers malte lange Schatten über den ockerfarbenen Boden. Zu beiden Seiten der Straße erhoben sich Sandsteinformationen wie uralte Wächter – stumm, doch voller Würde. Der Sugarloaf ragte wie ein mächtiger, runder Brocken aus dem Boden, seine Oberfläche leuchtete in Kupfer und Gold. Wenig später öffnete sich das Tal, und die Setting Hen Butte schien wirklich ihre Flügel auszubreiten – ein Felsen mit der Eleganz eines Vogels.
Dann kam der Rooster Butte, schmal und aufgerichtet, als wollte er stolz in die Sonne krähen. Und gleich danach lag die Lady in the Bathtub, eine Gestalt aus Stein, die sich im Wüstenlicht wie in einem Bad aus Licht und Wärme zu räkeln schien. Jeder dieser Felsen war mehr als nur Gestein – sie alle erzählten Geschichten, still und beständig.
Der Weg führte weiter, bis der berühmte Mexican Hat erschien – ein rotbrauner Felsen, auf dessen Spitze ein flacher Stein wie ein Sombrero balancierte. Dahinter zog sich eine weite Mesa hin, geschichtet in Rot, Violett und Grau, jede Schicht ein Zeugnis vergangener Jahrtausende. Ich blieb lange stehen, die Kamera in der Hand, den Wind im Gesicht und das leise Flirren der Wüste um mich.
Gegen halb sechs begann das Licht zu kippen. Auf dem Highway 163, kurz hinter dem bekannten Forrest Gump Point, hielt ich an. Vor mir zog sich die endlos gerade Straße in die Ferne, eingerahmt von den gigantischen Buttes, die wie Kathedralen aus Stein im Licht schwebten. Die Szenerie war filmreif – und doch still, zeitlos, von der Natur selbst komponiert.
Ich fuhr langsam weiter, begleitet vom goldenen Licht der sinkenden Sonne. Je näher ich den Felsen kam, desto intensiver wurden ihre Farben: vom warmen Rostrot zum tiefen Purpur, von Gold zu glühendem Kupfer. Um acht Minuten nach sechs stand ich auf der anderen Seite – die Sonne nun hinter mir. Plötzlich schien das ganze Tal in Flammen zu stehen.
Das Licht tanzte über die Flächen der Merrick Butte und des Big Indian. In den seichten Wasserlachen, die der Regen vor Tagen hinterlassen hatte, spiegelten sich die glühenden Formen. Die Wüste atmete – jede Klippe, jede Rille lebte im flüchtigen Glanz der letzten Sonnenstrahlen. Ich stand still, vergaß für einen Moment die Kamera und sah einfach nur zu, wie der Tag erlosch.
Langsam sanken die Farben ins Dunkel, das Orange verwandelte sich in ein tiefes Blau. Die Luft kühlte ab, und die ersten Sterne funkelten über der Ebene. Ich fuhr weiter, die Umrisse der Mesa nur noch als Schatten am Horizont – das Licht hinter mir, die Nacht vor mir, und die Stille der Wüste ringsum.



























