Grand Teton National Park

28.–29. September, 2025

Die letzten beiden Septembertage begrüßten mich im Grand-Teton-Nationalpark mit einer frischen, klaren Kälte und einem Himmel, der goldenes Licht versprach. Ich verließ am frühen Morgen meinen einfachen Campingplatz und folgte der stillen Straße in Richtung Signal Mountain Lodge. Als ich die Ausfahrt am Oxbow Bend erreichte, sah ich dort etwa fünfzig Menschen, die schweigend mit ihren Kameras und Stativen am Wasser standen. Ihre ruhige Erwartung verriet mir sofort, dass etwas Besonderes bevorstand. Natürlich hielt ich an und erfuhr, dass sie auf den Sonnenaufgang warteten, der die Berge erleuchten würde. Ich beschloss, mich ihnen anzuschließen.

Der Snake River lag regungslos da – ein vollkommen ruhiger Spiegel für die dunklen Umrisse der Gipfel. Schon bevor die Sonne sie berührte, leuchteten die Bäume ringsum in ihren Herbstfarben – tiefes Gold, rötliches Kupfer und weiche Ockertöne, die im Dämmerlicht schimmerten.

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Ich machte einige Aufnahmen, um diesen Moment der Erwartung festzuhalten – die sanften Farben, den leichten Nebel über dem Wasser, den Duft von kalter Erde und Kiefernnadeln.

Dann stieg die Sonne über den Horizont. Der erste Strahl traf den Rockchuck Peak, diesen gezackten, kraftvollen Gipfel, der scheinbar direkt aus dem Tal emporwächst.

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Das Licht wanderte weiter, über Mount Woodring hinweg, bis es schließlich die breite Felswand des Mount Moran

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erreichte, dessen Oberfläche in einem metallischen Rosaton erstrahlte, der sich langsam in warmes Gold verwandelte. Dahinter ragten Bivouac Peak und Traverse Peak empor – auf den ersten Blick wirkten sie wie ein einziger gewaltiger Gebirgszug.

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Rechts daneben fing der Eagles Rest Peak das Licht als Letzter ein – ein ruhiger, würdevoller Riese, der die glühende Kette wie ein Wächter flankierte.

Die Verwandlung war atemberaubend. Was eben noch kalter, blaugrauer Stein gewesen war, leuchtete nun in warmen Farben, und das gesamte Massiv spiegelte sich im unbewegten Wasser.

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Ich fotografierte weiter, hielt aber immer wieder inne, um einfach zu schauen. Es war, als würden die Berge selbst erwachen, ihre Schatten über das Tal strecken und den neuen Tag begrüßen.

Nachdem sich die Menge zerstreut hatte, fuhr ich zur Signal Mountain Lodge und gönnte mir dort ein Frühstück mit Aussicht auf den glitzernden See.

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Von dort aus setzte ich meine Fahrt zum String Lake fort und begann eine gemütliche Wanderung entlang des Ufers. Das Wasser war so klar, dass ich jeden Stein auf dem Grund erkennen konnte, und die Spiegelungen der Berge kräuselten sich sanft im Wind.

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Zur Linken erhob sich der mächtige Mount Saint John, dunkel und schroff, sein Gipfel bereits von einer feinen Schneeschicht überzogen. Nördlich davon stand wieder der vertraute Rockchuck Peak, dessen Granitflanken im Mittagssonnenlicht golden glänzten.

Der Weg führte mich weiter bis zum Leigh Lake, wo ich anhielt, um zwei Fotos zu machen – eines vom stillen Wasser, eingerahmt von gelben Espen, und eines mit der perfekten Spiegelung der Berge, als sei die Welt doppelt vorhanden. Die Ruhe war vollkommen; nur das Rascheln der Blätter und das Knirschen meiner Schritte waren zu hören.

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Später, am Aussichtspunkt über den Jenny Lake, ging ich in Richtung Besucherzentrum. Von dort öffnete sich der Blick auf eines der bekanntesten Panoramen des Parks: den mächtigen Grand Teton selbst, scharf und stolz, oft in einen zarten Schleier aus Wolken gehüllt. Ich habe Geduld bewießen.

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Rechts davon erhob sich Mount Owen, dessen Grate das Nachmittagslicht einfingen, und links der elegante Teewinot Mountain. Zusammen wirkten sie wie eine steinerne Kathedrale, geschaffen aus Licht und Fels.

Als der Tag sich neigte, verließ ich den Park und fuhr über die Staatsgrenze nach Driggs in Idaho. Im Teton Hostel traf ich einige andere Reisende – Menschen mit staubigen Stiefeln und Geschichten vom Weg – und wir verbrachten den Abend bei Gesprächen, während draußen die Berge noch schwach im Abendlicht glühten.

Am nächsten Morgen kehrte ich über Teton Village erneut in den Park zurück.

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Mein Ziel war der Lupine Meadows Trailhead. Das Sonnenlicht fiel golden durch die Bäume, die schon fast alle in Herbstfarben standen. Als ich mich näherte, sah ich mehrere Autos am Straßenrand. Ein schwarzer Bär bewegte sich zwischen den Bäumen und frühstückte friedlich. Er ließ sich nicht im Geringsten von den zwanzig oder dreißig Menschen stören, die ihn still beobachteten. Sein Fell glänzte schwarz und seidig, und seine Gelassenheit machte den Moment fast feierlich – eine stille Erinnerung daran, dass dies sein Zuhause ist und wir nur Besucher sind.

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Ein paar Meilen weiter hatte sich eine zweite Gruppe versammelt. Auch sie hatten einen Bären gesehen, doch er war schon im dichten Busch verschwunden. Ich lächelte über ihre Mischung aus Enttäuschung und Staunen und fuhr weiter bis zum Trailhead.

Ich begann den Aufstieg durch den Wald, begleitet vom Duft der Kiefern und dem gleichmäßigen Rhythmus meiner Schritte. Nach etwa anderthalb Meilen spürte ich, dass es genug war, und kehrte um. Es gibt keinen Grund, gegen den eigenen Körper anzulaufen – manchmal zeigt sich die Schönheit eines Ortes am besten im Innehalten, nicht im Weiterdrängen.

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Auf der Rückfahrt hielt ich noch einmal am Glacier Turnout an. Vor mir spannte sich die ganze Teton Range in der klaren

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Vormittagssonne – der Grand Teton als dominierender Gipfel, daneben Mount Owen und Teewinot, und weiter nördlich

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der wuchtige Mount Moran. Ihre Farben wechselten je nach Licht – von silbergrau über warmes Ocker bis hin zu zartem Rosé. Es war ein letzter Abschiedsgruß, ein Anblick von Stärke und Ruhe zugleich.

Ich stand dort lange, dankbar für die Stille, das Licht, die Bären und die Berge selbst. Der Grand Teton hatte mir nicht nur Motive zum Fotografieren gegeben, sondern auch Erinnerungen – Momente, in denen die Natur unendlich und vollkommen lebendig wirkte.

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