Antelope Island & Salt Lake City

October 1st–2nd, 2025

An diesem ersten Oktobermorgen machte ich mich von Ogden auf den Weg zum Antelope Island State Park, nur eine kurze Fahrt entfernt. Der Damm, der zur Insel führt, schien sich endlos über die schimmernde Oberfläche des Great Salt Lake zu ziehen – das Wasser lag still und silbrigblau unter der milden Herbstsonne. Ein feiner Dunst hing über dem See und verwischte die Grenze zwischen Wasser und Himmel. Als ich mich der Insel näherte, erhob sich ihre zerklüftete Silhouette aus dem Wasser – sanfte, rollende Hügel, die in felsige Grate übergingen, in weichen Ocker- und Grautönen gefärbt, wie ein schlafendes Tier inmitten der weiten Landschaft.

Auf dem Weg zum Bridger Bay Campground entdeckte ich bereits mehrere Bisons, gewaltige, unbewegte Schatten auf

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der goldenen Steppe, ihr dunkles Fell ein scharfer Kontrast zum trockenen Gras. Doch keine Antilopen – trotz des Namens der Insel. In Bridger Bay stellte ich mein Auto ab und begann eine wunderschöne, aussichtsreiche Wanderung, die um eine felsige Landzunge führt, die weit in den Great Salt Lake hinausragt.

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Der Pfad schlängelte sich zwischen rauen Granitfelsen hindurch, vom Wind und der Zeit geformt, ihre Oberflächen glatt und warm in der Sonne, durchzogen von rosagrauen Quarzadern. Zwischen den Steinen rauschte trockenes Gras, und der Salbei verströmte seinen würzigen Duft. Zur Linken glitzerte das Ufer des Salzsees in Silber- und Türkistönen, und jenseits davon schwebten die schneebedeckten Wasatch Mountains wie eine Fata Morgana am Horizont. Der Himmel spannte sich weit und endlos über mir, und die Stille war fast überirdisch – nur das ferne Rufen der Möwen durchbrach sie hin und wieder.

Doch plötzlich erinnerte mich die Wildnis daran, dass ich hier nicht allein war. Als ich um eine Felsecke bog, stand ein Bison direkt auf dem Weg vor mir. Für einen Moment blieb mir das Herz stehen. Er war riesig, mit zottigem Fell und ernstem Blick.

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Er schien nicht besonders erfreut. Ich blieb stehen, schätzte die Entfernung – etwa dreißig Meter – und ging dann langsam in weitem Bogen an ihm vorbei. Er bewegte sich nicht, aber seine dunklen Augen folgten mir, bis ich außer Sicht war.

Etwa fünfzehn Minuten später, als der Weg vom Ufer hinauf in die Hügel führte, sah ich zwei weitere Bisons. Der erste hob den Kopf und beobachtete mich aufmerksam, während sein Atem in der kühlen Luft dampfte. Der zweite lag im Gras,

büffel liegend

büffel aufrecht

doch als ich näherkam – vielleicht siebzig Meter entfernt – erhob er sich langsam. Mir war nicht wohl zumute. Ich verließ den Pfad und machte einen Umweg durch das Gras, rund dreißig Meter seitlich, Schritt für Schritt, ruhig und bedacht. Zum Glück blieben beide Tiere ruhig, und ich setzte meinen Weg fort, noch immer mit klopfendem Herzen.

Der Aufstieg führte über einen zerfurchten Bergrücken, dessen Felsen vom Wind geglättet waren. Der Berg war nicht

pfad nach oben

hoch, aber von markanter Form – seine Flanken fielen scharf zu den Salzebenen hinab, wo das Licht in zahllosen Spiegelungen tanzte. Mehrmals verlor ich den Pfad, kaum sichtbar zwischen Steinen und Gras, doch ein Blick aufs Handy zeigte mir, dass ich richtig unterwegs war. Vom Gipfel aus bot sich ein atemberaubender Blick. Der Great Salt Lake lag ausgebreitet wie flüssiges Glas, seine Farben wechselten von blassem Blau zu schimmerndem Weiß, wo die Salzkruste das Licht brach.

Oben traf ich eine große Gruppe von Indern, die dort warteten, bis der Wind nachließ, bevor sie hinabstiegen. Nach einem kurzen Gespräch gingen auch sie weiter. Ich wollte eigentlich einen anderen Weg zurückgehen, doch der war gesperrt, also nahm ich denselben Pfad hinab. Auf dem Rückweg begegnete ich noch einigen Bisons, die stumm im goldenen Gras standen – wie uralte Wächter der Insel. Drei Kreuze machte ich innerlich, als ich endlich wieder beim Auto war, heil und dankbar, und fuhr weiter nach Salt Lake City.

Am späten Nachmittag erreichte ich das Utah State Capitol. Das Gebäude stand majestätisch auf einem Hügel über der

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Stadt, seine weiße Kuppel leuchtete im warmen Abendlicht. Innen glänzten Marmorböden und hohe Säulen trugen die weite Rotunde. Arbeiter stellten gerade Stühle und Tische für eine Veranstaltung am nächsten Tag auf, doch Besucher

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durften sich frei bewegen. Ich stieg hinauf in die zweite und dritte Etage, betrachtete die Statuen und Gemälde und blieb eine Weile vor der Kammer der Justiz und der Kammer des Senats stehen – beide von würdevoller, klassizistischer Schönheit.

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Als ich das Capitol verließ, musste ich noch ein Phote vom Haupteingang ins seiner vollen Breite aufnehmen.

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Danach fuhr ich weiter in das Tempelviertel, gespannt auf den berühmten Salt Lake Temple. Doch was ich sah, erschütterte mich – alle Türme waren vollständig eingerüstet, nichts war von der herrlichen Architektur zu sehen. Es war, als wäre der Tempel verschwunden. Dann begann es zu regnen – erst leicht, dann stärker. Unter dem grauen Himmel fuhr ich zu meinem Hotel nahe dem Flughafen.

Am nächsten Morgen regnete es ununterbrochen. Der Himmel hing tief, die Berge lagen im Nebel, und das Wasser rauschte gleichmäßig gegen die Scheiben. Ich blieb im Hotel, hörte dem Regen zu und dachte zurück an die Insel, an den weiten See und an die stillen, mächtigen Bisons – Hüter einer Landschaft, die wild und zeitlos ist.

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