Price Canyon & Castle Gate

7. Oktober 2025

Heute, am 7. Oktober 2025, verließ ich Park City und fuhr südwärts in Richtung des Price Canyon Recreation Area. Das frühe Sonnenlicht legte einen weichen Schimmer über das Wasatch-Plateau, und während ich in die Täler hinabfuhr, entfaltete sich die raue Schönheit Utahs vor mir – Schichten aus ockerfarbenem, rotem und grauem Gestein, die sich in scharf geschnittenen Graten und Felswänden erhoben. Mein erster Halt war beim Denkmal für das Garbon Power Plant, nahe dem Carsten Gate.

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Auf den Informationstafeln erfuhr ich von der Geschichte dieses einst so wichtigen Kraftwerks, das die Entwicklung der Region angetrieben hatte. Während ich dort stand und las, dominierten die mächtigen Berge den Hintergrund – ihre Farben wechselten mit dem Licht von Rostrot zu Gold, ihre Hänge tief gefurcht und doch anmutig, vom Wind und der Zeit geformt.

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Ein Stück weiter erreichte ich Castle Gate, einen Ort, dessen Name sein Wesen perfekt beschreibt. Zwei gewaltige Sandsteinwände stehen dort wie Wächter zu beiden Seiten des Canyoneingangs, ihre glatten Flächen leuchten im Morgenlicht wie die Mauern einer riesigen Festung.

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Die Felsformationen sind zugleich wild und majestätisch, ihre Oberflächen von tiefen Schatten durchzogen und in warmen Tönen gemalt – Rot, Orange und zartes Gelb verschmelzen wie mit dem Pinsel der Natur selbst. Man kann sich leicht vorstellen, wie Reisende vor über hundert Jahren hier vorbeikamen und dieselbe Ehrfurcht empfanden.

Die Geschichte von Castle Gate ist untrennbar mit der Kohle verbunden, die in seinen Bergen liegt. Die erste Mine wurde 1886 eröffnet, nachdem reiche Lagerstätten entdeckt worden waren, die das stille Tal bald in eine geschäftige Gemeinde verwandelten. Nur zwei Jahre später, 1888, legte die Denver and Rio Grande Western Railroad ihre Gleise über das Wasatch-Plateau – direkt durch die neue Stadt. Jahrzehntelang blühte Castle Gate, erfüllt vom Leben der Bergleute und dem Rhythmus der vorbeifahrenden Züge.

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Das Foto habe ich aus https://www.intermountainhistories.org/items/show/480 entnommen.

Heute jedoch ist die Stadt verschwunden. Nur das leere Land und die gewaltigen Felsen sind geblieben – stumme Zeugen einer vergangenen Zeit. Ich stand eine Weile dort, machte Fotos und ließ die stille Weite des Ortes auf mich wirken.

Dann setzte ich meine Fahrt zum Price Canyon Recreation Area fort. Nach etwa drei Meilen bog ich links auf eine schmale, kurvenreiche Straße ab, die sich stetig hinaufwand und mit jeder Biegung neue Ausblicke auf das Tal eröffnete – ein versteckter Weg in das Herz der Berge. Schließlich erreichte ich den kleinen Parkplatz. Kaum hatte ich den Motor abgestellt, parkte ein weiteres Auto neben mir. Ein Paar stieg aus, und als wir ins Gespräch kamen, stellte sich heraus, dass sie aus Zofingen stammten – nur etwa fünfzehn Kilometer von meiner eigenen kleinen Stadt entfernt. Welch ein Zufall, so weit weg von zu Hause Nachbarn zu treffen!

Wir beschlossen, gemeinsam den Ford Ridge Trail zu wandern. Martin, der Ehemann, blieb oft stehen, um die verkohlten Bäume zu fotografieren – ihre schwarzen Stämme ein starker Kontrast zum hellen Himmel – und die weiten Ausblicke auf die Berge und Täler um uns herum festzuhalten. Seine Frau Yvonne konnte wegen einer Krankheit keine steilen Anstiege bewältigen, daher kehrten sie nach einiger Zeit um, während ich allein weiterging.

Der Weg führte sanft über den Kamm und bot großartige Ausblicke nach Osten und Westen. Die Luft war kühl und klar, erfüllt vom Duft der Kiefern, und über mir spannte sich ein endlos blauer Himmel.

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Jede Kurve offenbarte einen anderen Blickwinkel auf die Schlucht darunter – steile Hänge, die mit Wacholder und Salbei übersät waren, und ferne Gipfel, die die Nachmittagssonne einfingen.

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Nach etwa einer Stunde beschloss ich, noch bis zur nächsten Kurve – vielleicht 800 Meter weiter – zu gehen, bevor ich umkehren würde. Gerade als ich das dachte, hörte ich ein Rascheln.

Rechts, hinter ein paar Bäumen, sah ich vier Kühe im Schatten liegen. Ich ging vorsichtig weiter. Nur wenige Minuten später entdeckte ich eine größere Gruppe – etwa zehn Tiere –, die aufstanden und mir aufmerksam zusahen. Für einen Moment verspürte ich ein leichtes Unbehagen. Es waren keine Bisons, natürlich, aber dennoch groß genug, um Respekt einzuflößen. Ich ging langsam und ruhig vorbei, und nichts geschah. Ich lernte dabei, dass man hier nicht nur auf wilde Tiere achten sollte.

An meinem Wendepunkt blieb ich stehen, machte einige Fotos und genoss die weiche, goldene Nachmittagssonne, die die

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Berge in warmes Licht tauchte. Auf dem Rückweg waren die Kühe verschwunden, und es blieb nur das leise Rauschen des Windes im Gras. Der Abstieg bot neue Perspektiven – dieselben Gipfel, nun in sanfterem Licht.

Zurück am Auto fühlte ich mich angenehm müde und zufrieden. Es war ein friedlicher, reicher Tag gewesen – mit schönen Begegnungen, beeindruckender Natur und kleinen Überraschungen. In Price fand ich schließlich ein gutes Hotel für nur 61 Dollar – ein kleiner Luxus nach einem Tag voller Eindrücke.

Es war ein Tag voller Gegensätze: verschwundene Städte und lebendige Berge, zufällige Begegnungen und stille Momente. Die Farben des Canyons – Rot, Braun und Gold – blieben in meinen Gedanken, als ich mich am Abend zur Ruhe legte, ein lebendiges Bild von Utahs wilder, zeitloser Landschaft.

2 Gedanken zu „Price Canyon & Castle Gate“

  1. Martin & Yvonne Steinmann

    Erwin wir sind von der Poesie Deiner Reiseberichte ebenso beeindruckt wie von der überwältigenden Natur. Das ist Literatur. Wir haben nicht über Deinen Beruf gesprochen, aber ich glaube Deine Berichte zeugen von langjähriger Pflege der Sprache.
    Wir freuen uns auf weitere Berichte und ein treffen als Nacharn.
    Yvonne und Martin

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